Hansestadt Alfeld

Ist die Stadt Alfeld (Leine) eine Hansestadt im Sinne der bekannten (großen) Hanse wie die Städte, Hamburg, Bremen, Lüneburg, Rostock usw.) ?

Dazu etwas über die Geschichte der Hanse bzw. den Werdegang der Stadt Alfeld (Leine) in Bezug auf die Hanse – in bisherig bekannter, chronologischer Reihenfolge.

Einleitend dazu ein Zitat aus der von Ina Gravenkamp verfassten Kurzchronik von 2006 „Alfelds Geschichte – kurz & knapp“ – Seite 7:

2006
Im Jahr 1426 trat Alfeld dem Sächsischen Städtebund bei. Dieses Bündnis, das die Städte Hildesheim, Braunschweig, Goslar, Hannover, Helmstedt, Einbeck, Northeim und Göttingen zum gegenseitigen Schutz ihrer reisenden Kaufleute geschlossen hatten, war der Hanse angegliedert. Durch die Mitgliedschaft im Städtebund wurde Alfeld zu einer Hansestadt. (Anmerkung: historisch nicht belegt bzw. fest bewiesen – siehe 1973 -Martha Scale)

Nachfolgend weitere Zitate dazu aus den verschiedenen Chroniken über die Stadt Alfeld (Leine) in zeitlicher Abfolge:

1983
1258-1983 – 725 Jahre Stadt Alfeld – Seite 17
Festzustellen ist, dass Alfeld eine bedeutende Stellung als Stadt des Handels und Gewerbes innehatte. Nachweislich hat sich Alfeld um 1427 zum Bund der Hanse bekannt und wohl auch bei der großen Fehde gegen den Dänenkönig mitgewirkt. Noch im Jahre 1498 zahlte man in der Stadt mit „Lübischen Schillingen“, die im hansischen Handelsraum als Standardwährung zum Zwecke der Handelserleichterung allgemein anerkannt waren.

1973
Geschichte der Stadt Alfeld (Leine) in neuer Sicht – Martha Scale – Seiten 34-35 & 157 (Anmerkung: weitestgehend aus Heinze abgeschrieben)
Die Stadt schließt sich 1427 dem Städtebunde gegen den Dänenkönig an, um der Hanse willen, zu der wir gehören“.
Schon 1427 aber wurde eine große politische Aktion notwendig, denn König Erich von Dänemark bemühte sich, den deutschen Kaufmann im Norden zurückzudrängen und versuchte dabei, unter Begünstigung der Holländer und Engländer im Sund von nichtdänischen Schiffen Zoll zu erheben.
Das rief die norddeutschen Städte auf den Plan, neben die neun schon genannten Städte treten noch sechs andere, nämlich Halberstadt, Buxtehude, Uelzen, Quedlinburg, Aschersleben und Hameln, und alle sagen dem König Erich Fehde an. Die Urkunde, mit der die Stadt Alfeld das tut, ist ausgestellt am 24.3.1427 und enthält in hochdeutscher Übertragung die Wendung: „Wir sind Feinde um der ehrsamen Herren und Freunde willen, nämlich der Räte und Bürger der Städte Lübeck, Hamburg, Rostock, Stralsund, Lüneburg und Wismar und darum, dass Ihr den Kaufmann der deutschen Hanse ,dar me mede tohoren‘ (zu der wir gehören) schwer geschädigt und unterdrückt habt“.
Wichtig ist für uns heute die Aussage: .Die deutsche Hanse, zu der wir gehören…“
Wie gern würde man nun sagen, dass Alfeld eine Hansestadt gewesen sei, aber es gibt wirklich nur dies eine Dokument darüber und nichts sonst. Keinen Namen, kein Siegel, keinen späteren Hinweis. Immerhin, dass Alfeld mitgewirkt hat bei der großen Fehde gegen den Dänenkönig, beweist, dass die Stadt eben nicht Krähwinkel war und durchaus den großen Zusammenhang der deutschen Hanse erkannt hatte, wenn sie auch nicht eine ausgesprochene Hansestadt geworden war.

1957
Der Landkreis Alfeld – Land Niedersachsen – Seite 246
Als selbständiges Handelsgewerbe entwickelte sich zuerst der Fernhandel in der Stadt Alfeld, die im Jahre 1426 dem im gleichen Jahr unter Führung von Hildesheim, Braunschweig und Goslar geschlossenen Städtebund zur gemeinsamen Beschickung des Hansetages in Lübeck beitrat.
Als erste Handelsgilde wird in Alfeld die der Kaufleute oder Wantschneider 1338 erwähnt (vgl. Abschnitt „Entwicklung des Handwerks“), die Krämergilde, in der die Kleinkaufleute vereinigt waren, erst 1588.

1953
Wappen und Siegel des Kreises Alfeld
Der damalige Kreisheimatpfleger Wilhelm Barner geht gar nicht auf die Rolle Alfelds in der Hanse ein. Keinerlei Erwähnung(en).

1932
Chronik der Stadt Alfeld (Leine) 1932 – Alfeld Einst und Jetzt – Seite 9
Im Jahre 1426 trat Alfeld dem im gleichen Jahre geschlossenen Städtebund bei, dessen Führung  Hildesheim, Braunschweig und Goslar übernommen hatten, und welcher den Hansetag in Lübeck beschickte.

1928
Geschichte des Kreises Alfeld – Paul Graff
Auch hier keinerlei Erwähnung(en) der Stadt Alfeld als Hansestadt.


1894 (DIE Chronik der Stadt – DAS Standardwerk)
Geschichte der Stadt Alfeld – Wilhelm Heinze – Seite 54
Infolge der fortwährenden Fehden an den Grenzen und im Lande schlossen sich die Städte zur Aufrechterhaltung des Landfriedens eng zusammen. Es erwuchs aus der nachbarschaftlichen Freundschaft der Städte Hildesheim, Braunschweig und Goslar das große Schutz- und Trutzbündnis der Städte Hildesheim, Braunschweig, Goslar, Hannover, Helmstedt, Einbeck, Northeim, Göttingen vom Jahre 1426, dem auch Alfeld noch in demselben Jahre beitrat. Dieser Städtebund vereinigte sich am Sonntag Jubilate 1426 zu gemeinschaftlicher Beschickung des nächsten Hansetages zu Lübeck, traf gemeinsame Maßregeln über den Schutz der auf der Heerstraße ziehenden Kaufleute auf gemeinschaftliche Kosten und beschloss, jährlich zwischen Ostern und Pfingsten in Braunschweig zu weiteren Verhandlungen zusammenzukommen*).
Es hat also vorübergehend die Stadt Alfeld auch der mächtigen Hanse angehört; ja am 24. März des Jahres 1427 hat sie im Berein mit anderen Hansestädten dem König Erich von Dänemark, „der den Kaufleuten der deutschen Hanse in seinen Reichen und Gebieten schweren Schaden und Unrecht zugefügt hatte“, einen Absagebrief zugesandt**). Wie im Jahre 1427 der Bischof Magnus mit Hülfe des Städtebundes die von Schwiecheldt bezwang, so hat der Städtebund den Bischöfen in der Folgezeit noch oft Beistand gegen ihre Feinde geleistet, wenngleich auch Streitigkeiten zwischen dem Bischof und seinen Stiftsstädten nicht verblieben sind.

* Dr. R. Doebner,Urkundenbuch der Stadt Hildesheim. Hildesheim 1881/pp. III. Bd. S. 580. Urkunde Nr. 1232
** Urkunde Nr. 6


Es finden sich sonst keine weiteren Erwähnungen zur Hanse in allen/weiteren vorliegenden und bekannten Chroniken, keine Aufsätze, keine Beschreibungen, keine Andeutungen.
Eine Hansestadt Alfeld findet sich in der Geschichte der Stadt – mit Ausnahme der oben angeführten Erwähnungen – seit 1429/1430 nicht wieder.

Somit ist die Hanse im Sinne der Stadtgeschichte nicht weiter relevant und ist wie oben in den Chroniken aufgeführt ausreichend beschrieben. Auch sollte diese Hanse nicht mit der heutigen, „eigentlichen“ Hanse verglichen werden, daher ist der Titel „Hansestadt“ in diesem Zusammenhang irreführend.  Er ist sicherlich für eventuelle touristische Zwecke von einer gewissen Relevanz, aber im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Alfeld (Leine) praktisch nicht vorhanden und daher eher unbedeutend im Kontext zur Gesamtgeschichte der Stadt und der Hanse.
Die Internetseiten der Hanse bzw. des Hansevereins spiegeln das auch so wieder.
Selbstverständlich liegt alles auch im Auge des Betrachters und der jeweiligen Herangehensweise.