Pädagogische Hochschule

Von eigentümlichem Wert für Alfeld war das Lehrerseminar. Es prägte als Bau den Bereich zwischen der Superintendentur, den benachbarten Häuserreihen und der alten Lateinschule. Heute erinnern noch der Name der ursprünglich auch Klinsberg genannten Seminarstraße sowie der Parkplatz an die 1972 abgerissene, solide gebaute Lehranstalt, die aus dem ersten, in der Lateinschule untergebrachten Seminar hervorging. Sie entließ Hunderte von Zöglingen vornehmlich in das Hildesheimer Land und das übrige Vorharzgebiet und prägte somit indirekt die gesamte Schulausbildung einer großen Region.

Diese historische Aufnahme ist datiert auf den 18. September 1890

Dieser Anspruch ergab sich bereits aus der Rede zur Grundsteinlegung im Jahre 1853, an der König Georg V. von Hannover zusammen mit seiner Gemahlin Marie teilnahm. Amtmann Schramme sagte u. a. folgendes: „Die angeordnete Bau-Kommission des durch die Munificenz Ew. Königlichen Majestät Regierung ins Leben gerufenen neuen Seminargebäudes zu Alfeld drückt Ew. Majestät ihren tiefgefühlten Dank dafür aus, dass Sie geruht haben, ihre Bitte, den Grundstein zu dem Bau zu legen, huldreich zu gewähren.“ Von dem ersten Stein hinge das gesamte Bauwerk ab, weswegen erwies besonderen, also königlichen Schutzes bedürfe. Das Werk solle der „Erziehung und Ausbildung der Jugend“ und somit „dem Gedeihen jeder christlichen und bürgerlichen Tugend, zu dem Wohl und Wehe des Ganzen“ dienen. Das Seminar müsse die Zöglinge zu tüchtigen und würdigen Volksschullehrern und zu Männern heranbilden, die ihrem geliebten Vaterland nicht nur die Stellung bewahren, sondern auch dasselbe zu immer höherer und schönerer Blüte entwickeln würden.
Als 1866 das Königreich Hannover von Preußen annektiert wurde, kamen fortan auch Lehrkräfte aus Mittel- und Ostdeutschland nach Alfeld, während die Seminaristen weiterhin meist aus dem ostfälischen Raum stammten. Dies erleichterte ihnen dann die Durchführung ihres Dienstes in den Stadt- und Landgemeinden.

1893

König Georg V. von Hannover legte 1853 den Grundstein zu dem Neubau des Alfelder Lehrerseminars. Dieser wurde 1855 vom Kollegium und den Seminaristen bezogen. Besonders aufwendig war die westliche Giebelfassade gestaltet. Das Seminar war von mehrerem Gebäuden, Beeten, Busch- und Baumgruppen umgeben. Die Seminaristen sind an ihrer Schuluniform zu erkennen. Sie unterrichteten in der Seminarschule Alfelder Kinder. Als solche diente seit 1846 der 1884 abgerissene v. Wrisbergsche oder Doktor-Hof.

Das Seminar wurde 1882-84 nach Osten hin erweitert und erhielt so u. a. eine Aula. Nach seiner Schließung im Jahre 1925 diente das Gebäude als Aufbauschule, Lehrer- bzw. Lehrerinnenbildungsanstalt und von 1946 bis 1970 als Pädagogische Hochschule. Manche Alfelder Familie ist in ihm über viele Generationen hinweg vertreten gewesen.
Den Bau trug man dann 1972 ab.
Die benachbarten Schmuckanlagen verfügten über künstliche Steingärten, die jahrzehntelang für ihre seltenen, sorgsam gehüteten und gepflegten Pflanzen bekannt waren.

Zum Lehrerseminar gehörte auch eine Turnhalle. Sie stand an der Winzenburger Straße gegenüber der Einmündung der Bismarckstraße.

Bis 1920

Um 1900

Rückwärtige Ansicht von den Anlagen aus gesehen – 1900er

Das Lehrerseminar in seiner Anfangszeit um 1904

1910er Jahre

1910er Jahre

Blick aus den Anlagen um 1910

Motiv der Pädagogischen Hochschule um 1920

1950er Jahre

1950

Schönes Bild. 1950

1950er

1950er

1954. Perspektive der alten PH aus Blickrichtung Kirchplatz bzw. Heimatmuseum.

1958. Viel hat sich in den letzten 4 Jahren nicht wirklich verändert


Aus dem Rundbrief „Der Thomaskreis“ vom Juni 1951:

Hans Abmeier:

Fünf Jahre Pädagogische Hochschule Alfeld
Im Sinne des römischen „Lustrums“ die fünfte Wiederkehr des Tages der Hochschuleröffnung zu begehen, war unser Ziel. „Lustrum“ war den Römern ein Anruf vom Göttlichen her in den Alltagsfluß des menschlichen Lebens. Im Lustraljahre, das einen Zeitraum von fünf Jahren beendete, nahm der Zensor, der Inhaber des höchstgeachteten Staatsamtes, als Anwalt das „censere“ vor, das Abschätzen der Bürger nach ihrem äußeren Status (Vermögen), aber auch nach ihrer sittlichen Haltung (censura morum). Unwürdige wurden aus dem Stande der Senatoren oder Ritter ausgestoßen. Ein feierliches Opfer auf dem Campus Martius mit einem Sühneopfer für Verfehltes in den letzten fünf Jahren und dem Gelöbnis besseren Tuns schloß das Lustrum ab. Äußere und innere Inventur als Ansatz von renovatio und reformatio sollte Kern und Motor unserer Erinnerungsfeier sein.
Nach Festgottesdiensten in St.Marien und St.Nikolai möchte ich nun hier in der Aula einen kritischen Überblick auf das äußere und innere Leben unserer jungen Hochschule geben. Ein paar Zahlen seien dazu genannt: 357 Immatrikulierte bis jetzt; der Anteil der Frauen gestiegen von 20% auf leicht über 50%, Ostvertriebene in den einzelnen Kursen 47 bis 60%. Soziale Herkunft: Kinder von Lehrern 23,5 %, von mittleren und unteren Beamten 19,2%, von Bauern 11,7%, von Angestellten 10%, von Vätern aus akademischen Berufen 10%, von selbständigen Kaufleuten 7%, von Arbeitern und Handwerkern 18,6%. Die Bauernkinder entstammen etwa zur Hälfte dem Osten (Vertriebene), der Rest überwiegend dem Nordteile des Regierungsbezirks Osnabrück; der Nachwuchs aus Bauernfamilien im mittleren und südlichen Niedersachsen fehlt fast ganz.
Unter den Reformwünschen aufgrund der inneren Inventur wurde mit Nachdruck ein Lehrstuhl für pädagogische Soziologie gefordert, um den angehenden Lehrern und Lehrerinnen einen festen ideologischen Standpunkt in der heutigen Wirtnis des Sozialgefüges zu geben und sie zu soziographischen Aufnahmen zu befähigen, die zur Abhilfe sozialer Notstände bessere Möglichkeiten bieten können. –
Aus den Glückwünschen sei besonders der des Niedersächsischen Kultusministers hervorgehoben, der eine Festgabe von 500 DM übermitteln ließ, die inzwischen für den – dringend notwendigen künstlerischen Wandschmuck verwandt wurde. – –
Dozent Walter Richter umrahmte die Feier mit einem Kanon von Hindemith und dem Chore „Ehre und Preis“ aus dem „Magnifikat“ von Bach, ausgeführt vom Kammerchor und dem Collegium musicum der Hochschule und zwei Orgelsätzen op. 4 von Händel. Den Festvortrag hielt nach einer kleinen Pause im „Rialto-Theater“ der „Vater der akademischen Lehrerbildung in Preußen“, Ministerialrat Prof. Dr. von den Driesch, über das Thema: „Das Erbe des Abendlandes in Erziehung und Bildung“. Wir danken dem greisen getreuen Eckart der Lehrerbildung mit dem jugendfrischen Herzen, dass er von Aachen zu uns kam und unserem Feste seinen Höhepunkt gab. In frohen Runden klang der Tag aus, der uns Auftrieb und Anregungen in reicher Fülle brachte. – – –

Glückwunschschreiben von Staatsminister a.D. Generaldirektor Dr. Adolf Grimme:
Lieber Herr Professor Abmeier!
Nun sind es schon fünf Jahre, daß von der Pädagogischen Hochschule in Alfeld neue erzieherische Kräfte ins Land hineinwirken. Und ich möchte wohl, ich könnte Ihnen mündlich sagen, wie dankbar ich es immer empfunden habe, daß diese Neugründung in jenen dunklen Januartagen des Jahres 1946 möglich wurde. Sie war nur möglich, weil wir alle miteinander das Vertrauen entgegenbrachten, das die Grundvoraussetzung jeder erzieherischen Wirksamkeit ist. Es ist eben jenes Vertrauen, das uns beide schon 1930 verbunden hat, als der Preußische Kultusminister den Direktor der Pädagogischen Akademie in Beuthen in sein Amt einführte.
Daß Ihre Pädagogische Hochschule von diesem Geiste des Vertrauens der Lehrenden und Lernenden zueinander bleibend getragen werde, ist auch für die Zukunft mein Wunsch.
Und noch einen Gruß für Sie und an die ganze Festversammlung

von Ihrem Adolf Grimme


1960er Jahre

Foto aus dem Türmerzimmer von St. Nicolai. Aufnahme um 1960. Man beachte die alte St. Marien-Kirche und den teilweise noch unbebauten Sindelberg im Hintergrund. Sammlung Dr. Wiederholt

1960er Jahre von der Bornstraße aus gesehen. Man sieht links noch den alten Konsum

1960er

Eingangsbereich 1960er

 

1960er Eingang zum Seminargarten

 

1960er Eingang zum Seminargarten

1960er

dito

1964

Im Winter 1967


1970er Jahre – Die PH kurz vor ihrem Abriss

Das Schicksaljahr der Pädagogischen Hochschule, ihr Abriss. Dieses traurige Abschlusskapitel beschreiben wir hier ausführlich.


1971

Hier noch ein paar Eindrücke von innen, unmittelbar vor dem Abriss

Ein letzter Blick aus dem Vorgarten der PH


Stumme Zeugen – Steinerne Erinnerungen


Kurz nach dem Abriss:

Unmittelbar nach dem Abriss 1972

War das alles unbedingt nötig ???

Am 12.10.2007 konnte Dank großzügiger Spenden der Familien Habermalz, Hoffmann und Thorhauer der Portalstein der Pädagogischen Hochschule wieder fast an der Stelle aufgebaut werden, an dem sich der ehemalige Eingang der PH befand. Auch wir bedanken uns für dieses Engagement und würden uns freuen, wenn dieses Kleinod auf Dauer in diesem Zustand bliebe.

Vorher – Nachher

1960

2008